As I dropped out one morning...

Mr. P. is occupying Oceania

Wild West

Am Morgen bringe ich mein Auto zu einem billigen Campingplatz in Albert Town, packe meine Sachen und trete in die Pedalen. Über einen schmalen Rad- und Wanderweg den Hawea River entlang fahre ich nach Hawea und folge von da an dem Highway. Dank der immer noch geschlossenen Grenzen und folglich brachliegendem Tourismus ist der Highway so gut wie leer. Auf bestem Asphalt komme ich sehr gut voran und selbst der aufkommende Gegenwind verschlechtert nicht die Stimmung. Es ist sonnig und ich genieße die wunderbare Szenerie entlang der Seen Lake Wanaka und Lake Hawea. Unterwegs passiere ich einige Baustellen und selbst die Bauarbeiter sind guter Stimmung und wünschen mir eine gute Fahrt. Nach nur 3,5 h habe ich die 70 km abgespult und komme in Makarora an. Ich halte für einen Kaffee in der Dorfkneipe und fahre dann zum Zeltplatz. Hier lerne ich die beiden Radlerinnen Ruby und Sara aus Wellington kennen. Ich springe schnell in den Makarora River (Blue Pools) und esse danach mit den beiden zu Abend. Die fiesen Sandflies verteiben uns jedoch schnell in Zelte. Die beiden Frauen reisen in die gleiche Richtung nur mit unterschiedlichem Tempo und Zwischenzielen. Ich werde ihnen in den nächsten für Smalltalks noch häufiger begegnen.

Am Morgen fahre ich weiter nach Haast. Hier besuche ich eine alte Bekannte namens Sujin aus Südkorea. Mit ihr arbeitete ich zusammen in Opotiki in den Kiwi-Plantagen. Sie lebt seid mittlerweile neun Monaten in Haast und schmeißt gefühlt das ganze Dorf, da sie zwischen Lokalitäten pendelt, mal im Cafe mal im Restaurant oder hin und wieder im Holiday Park arbeitet. Wir verbringen zusammen den Nachmittag, doch am Abend muss sie schon wieder zur Schicht. Ich baue mein Zelt im Holiday Park auf und lerne dabei Thomas aus Irland kennen. Er ist ein passionierter Radfahrer und hat bereits das ganze Land per Rad erkundet. Unterbrochen durch die Pandemie und einer längeren Tätigkeit als Barkeeper in einem – wie sollte es auch anders sein – Irish Pub, vollendet er nun die letzten Kilometer in Neuseeland, um danach seine Reise in Australien fortzusetzen. Wie verstehen uns sehr gut und beschließen die folgenden Tage zusammen zu radeln, jedoch jeder nach eigenem Tempo. Am nächsten Tag folgt mit 120 km eine lange Etappe nach Fox Glacier und wir brechen früh auf. Das Wetter soll sich in den nächsten Tagen verschlechtern und Starkregen ist angekündigt. Deshalb beschließen wir die Strecke in einem Rutsch durchzuziehen. Dies klappt auch super und nach 10 h erreichen wir unser Ziel.

Die Westküste hält mich von Beginn an in Atem und versetzt mich in beste Stimmung. Eigentlich erwartete ich einen nervigen lauten Highway und schlechtes Wetter, wofür dieser Teil Neuseelands bekannt ist. Ich hatte große Zweifel überhaupt Zeit in diese Tour zu investieren. Doch es kommt völlig anders. Das Wetter ist hervorragend, die Straße ruhig und ich habe einen riesigen Spaß über den Asphalt zu sausen und mich von den Vögeln des dichten Urwaldes entlang des Weges anfeuern zu lassen. Es gibt zudem herrliche Wechsel der Landschaften: duftender Regenwald, Küstenstraßen, Viehweiden mit Berghintergrund oder wilde Flüsse.

Bei unserer Ankunft wirkt Thomas etwas müde, ein Vorbote der kommenden Ereignisse. Der Regen ist für Nachmittag des folgenden Tages angekündigt und so radeln wir früh am Morgen los, um noch die 30 km bis nach Franz Josef zurückzulegen. Ein kurze aber sehr bergige Etappe. Die beiden Dörfer Fox und Franz Josef sind total vom Tourismus abhängig und liegen brach. Ihre Hauptattraktion sind Gletscher die einstmals von den Bergen bis ans Meer verliefen, aber nun kaum noch zu sehen sind. Der Klimawandel lässt grüßen. Vor unserer Abfahrt hat sich Thomas einem Schnelltest unterzogen und ist Covid-positiv. Er fühlt sich auch nicht besonders gut, will aber trotzdem bis nach Franz Josef fahren, da er dort eine Freundin hat bei der er sich für 7 Tage isolieren kann. Ich bin nun eine enge Kontaktperson, kann mich aber nicht testen, da es in dieser Gegend des Landes nach Monaten des Omikron-Ausbruches immer noch keine Schnelltests gibt. Ich habe außerdem nicht wirklich einen Platz, um mich zu isolieren. Nach einiger Abwägung beschließe ich weiter zu fahren. Auf dem Rad kann ich niemanden Schaden und unterwegs gibt es zahlreiche Zeltplätze der Nationalparkverwaltung (DOC), die in Eigenregie genutzt werden, sodass ich mit niemandem in Kontakt komme. Einzig meine Einkäufe bergen ein Risiko, aber mit mit neuer KN95-Maske (Angela Merkel-Version 🙂 ) und Nutzung des Self-Checkout ist es gering. Bei Ankunft in Franz Josef setzt wie angekündigt der Regen ein. Unsere Wege trennen uns nun. Thomas geht zu der Unterkunft seiner Bekannten und ich nehme mir ein Einzelzimmer in einem luxuriösen Retreat zu Sonderkonditionen. Es übersteigt zwar immer noch mein Budget, aber man gönnt sich ja sonst nichts :-). Das Retreat bietet zudem einen Spa-Pool, der bei meiner Ankunft zur Mittagszeit leer ist und ich kurz nutzen kann.

  • Blue sky with high clouds, sunny weather, the picture captures a coastal view with the ocean and beach on the left and a gravel road leading in the distance along the beach on the right, road and beach are separated by a rock wall
  • Blue sky with some white clouds, sunny weather, light winds, view on a coastal road from a beach, the road cut through a forest thus you have bushland next to the road, there is a beach access from the road secured by some big rocks, against this rocks are leaning two touring bicycles
  • Blue sky, some white clouds, sunny weather, in the background some green bush covered hills mirroring in a lake which is in front
  • Blue sky, some white clouds, sunny weather, in the background a mountain skyline mirroring in a lake which is in front and encircled by bush witth tall trees
  • Blue sky, sun is shining, view on a river bed, the river is in the center of the picture, in the background is a mountain and some sun beams above shinig on the river, in front of the picture some big rocks from the river bed, haze is heated up by the sun and evaporates over the river bed

Nach zwei Tagen ist der Regen gegangen und die Sonne kehrt zurück. Ich setzte meine Reise fort. Ich habe wieder jede Menge Spaß und cruise den Highway entlang. Am frühen Nachmittag mit 110 km in den Beinen, erreiche ich bereits das kleine Örtchen Ross. Hier beginnt bzw. endet der Wilderness-Trail, ein beliebter Radweg, dem ich folgen werde. Nach einer Pause fahre ich einige Kilometer weiter zum Lake Mahanipua, wo es einen wunderschönen Zeltplatz gibt. Am Morgen radel ich nach Hokitika, wo ich immer noch keine Schnelltests erhalte (!), und dann weiter nach Kumara. Hier biege ich auf den erwähnten Trail ab, verfahre mich aber anfänglich. Da es wieder ein langer Tag werden wird, bin ich etwas angespannt, da noch viel Weg vor mir liegt. In der Hektik kommt natürlich das Unglück wie gerufen. Auf dem holprigen Trail, für mein Rad mit dem Gepäck nicht ganz geeignet, schlage ich mir eine fette Acht in mein Hinterrad. Nun heißt es abladen und reparieren. Mit meinem Speichenschlüssel bekomme ich das Rad wieder etwas gerichtet und kann fortfahren. Ich umrunde auf einer löchrigen Schotterweg den Lake Moana und drücke die Daumen, dass das Rad hält. Schließlich folgen noch 40 km Highway bis ich schließlich die kleine Siedlung Moana erreiche. Hier springe ich kurz in den See und fahre danach auf den Zeltplatz.

Am Tag darauf geht es weiter nach Greymouth, wo ich einen Termin bei einem Mechaniker erhalte, leider erst am Nachmittag. Das Hinterrad hat Risse und muss getauscht werden. Der Mechaniker ist kompetent und es geht sehr schnell. Gegen 15 Uhr kann ich weiterfahren. Vor meinem Besuch in der Werkstatt erhalte ich in einer Apotheke endlich Schnelltests und teste mich folglich zum ersten Mal im Leben auf das Corona-Virus. Ich bin negativ, was die ganze Situation sehr entspannt. Ich fahre nun zurück in Richtung Fox entlang des Wilderness Trail, welcher in Greymouth offiziell beginnt bzw. endet. Ich möchte eigentlich am Lake Kaniere übernachten, von dem ich aber noch 70 km entfernt bin. Ich beschließe am Plan festzuhalten und zur Not irgendwo unterwegs anzuhalten. Nach kurzer Zeit treffe ich zum letzten Mal die beiden Radlerinnen Ruby und Sara, welche auf dem Weg nach Greymouth sind. Nach einem kurzen Gespräch folge ich dem Trail weiter und kämpfe mich einige Zeit später einem unendlich erscheinenden Pass hinauf. Die Dämmerung setzt langsam ein und ich muss mich sputen. Schließlich bin ich oben angelangt und es folgt eine super spaßige Zick-Zack-Abfahrt durch den Urwald. Die anbrechende Dunkelheit macht es anspruchsvoll, jedoch habe ich um so eine Zeit des Tages den Trail für mich allein und kann ohne Sorgen den Weg entlang ins Tal hinunter preschen. Mit Highspeed folge ich, im Tal angelangt, einer Schotterpiste und ende mit einer Vollbremsung vor einem Tor, welches ich dank meiner Sehschwäche zur dunkleren Tageszeit zu spät gesehen habe. Glücklicherweise zerstöre ich mir nicht auch noch mein Vorderrad 🙂 Das Tor durch ein umführendes Drängelgitter (Squeeze Bar) passiert, weist mir nun mein fahles Stecklicht auf den letzten Metern den Weg. Gegen 21 Uhr erreiche ich den Zeltplatz am See (Hans Bay). Ich bin total verschwitzt und springe bei Vollmond in den See, welcher noch überraschend warm ist.

  • Early morning short after sunrise, it will be a sunny day with blue sky, the pictures shows a lake surrounded by bush a tall trees, morning mist is hanging over the lake and creates a slightly mystical mood
  • Blue sky, sunny weather, the picture shows a signpost in orange colour giving the direction of the West Coast Wilderness Trail in New Zealand
  • Blue sky, sunny weather, a picnic area in a village, a small court decorated with colorful tiles, the court is encircled by a small hedge, the area can be entered by a gate made of to big pillars with drawings on it showing people dancing, in the center of the court is a sundial
  • Blue sky, sunny weather, the pictures shows a picnic area on a small lake in a village, the area is decorated like a chinese garden, there is a small Chinese pavilion on the left and a tiny marble bridge with high and elaborated railings on the right
  • Blue sky, sunny weather, on the horizon mountains from left to right, in front a green lawn close to a lake with some single shrubs, next to a such a shrub is a black and red coloured tent, the lake in the background is blue and bounded by more bush in the background
  • Blue sky, sunny weather, coastal view, the ocean in the distance, in front a gravel road with a big armchair made of stone, coloured with a green and blue tile pattern, the chair is directed to the ocean in 45° angle hence you can see its back and side, the sun shines from the back of the oberserver and throws a shadow in front of the armchair
  • Night time, sky is clear and stars are visible, in front is still a treeline but the main part of the picture is sky, the observer can see the stellar constellations Orion, Bull and plejades, the plejades close to horizon

Die drei folgenden Tage werden wesentlich entspannter, da im Verhältnis nur kurze Strecken bevorstehen. Ich erreiche Fox und nehme von dort den Bus zurück nach Wanaka. Ich bin der einzige Fahrgast, ein komisches Gefühl. Der Busfahrer ist Fan von Elvis Presley und hat mir sehr viel zu erzählen und viele Video-Empfehlungen für mich. In Wanaka steige ich ins Auto, hole mein Fahrrad in Fox ab und fahre zur Okarito Bay, einer kleinen Siedlung am Meer. Hier miete ich mir ein Kayak und paddele für einige Stunden in einem Sumpfgebiet (Wetland) in einem Vogelschutzgebiet. Am folgenden Tag halte ich nochmals in Hokitika, wo ich an einem Workshop zum Bearbeiten von Jade-Steinen (Greenstone, Pounamou) teilnehme und mir einen kleinen Anhänger fertige. Diese Steine haben eine lange Tradition in der Maori-Kultur, wurden sie doch zum Anfertigen von Waffen, aber auch wertvollen Schmuckstücken verwendet. Die Steine sind vor allem an der Westküste der Südinsel zu finden und waren so wertvoll für die Maori, dass sie der gesamten Insel unter anderem den Namen „Te Wai-Pounamou“ (sinngemäß „Das Jadesteinwasser“) gaben. Im Anschluss fahre ich in Richtung Norden nach Nelson, wo ich eine weitere Runde mit dem Rad drehen will. Unterwegs treffe ich nochmals Thomas, welcher nach seiner Isolation seinen Weg in Richtung Christchurch fortsetzt.

Überblick West Coast Tour:
Distanz in km Höhenmeter
8529022

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