Die zweite Tour wird bereits etwas anspruchsvoller. Laut Reiseführer wurde dieser Track in früherer Zeit von Goldgräbern errichtet, um der stürmischen Küstenstraße (der heutige State Highway 6) zu entgehen. Der Weg soll nicht so geschäftig sein und dies hat Gründe. Ein großer Teil der Strecke verläuft entlang von Flussbetten, wobei die Flüsse mehrmals überquert werden muss. Die Strecke sollte daher nach ausgiebigem Regenwetter wegen Hochwassergefahr gemieden werden. Das Wetter ist allerdings wunderbar und so begebe ich mich in die Spur. Die Tour geht durch den “Paparoa National Park”. Anfänglich folgt der Weg dem “Pororari River” bis dieser nach ungefähr 30 min auf einer Brücke überquert wird. Danach geht es hinein in den Wald landeinwärts. Nach einer weiteren halben Stunde erreiche ich eine Gedenktafel, welche an das „Cave Creek disaster“ erinnert. Unweit der Stelle verläuft ein Bach mit selbigem Namen, wobei dieser aus einem im Boden befindlichen Höhlensystem aufsteigt. Im Jahr 1994 errichtete das „Department of Conservation“ (DOC), eine staatliche Abteilung die Nationalparks und sonstige Naturgebiete in Neuseeland betreut, eine Aussichtsplattform, um von dort in 40 m Höhe das Höhlensystem zu bestaunen. Leider hielt die Plattform nicht lange und nur ein Jahr später fiel eine Gruppe von Studierenden in die Tiefe. Dabei kamen 14 Menschen ums Leben. Eine Untersuchung ergab bauliche Mängel, die ihren wesentlichen Grund in einer Unterfinanzierung der Abteilung hatte. Nach einer darauffolgenden Reform ist das DOC seitdem weitaus besser aufgestellt.
Kurz darauf erreiche ich die erste Flussquerung, bei der meine Füße nass werden. Der Fluss ist nur knöchelhoch, was mich sehr beruhigt, da ich doch etwas unsicher über die zu erwartenden Tiefe der Flüsse war. Ich entledige mich meiner Schuhe und wandere vorsichtig über das scharfkantige Flussbett. Zufrieden mit der ersten gemeisterten Hürde ziehe ich weiter. Für weitere zwei Stunden durchwandere ich einen wunderbar urigen Wald bestückt mir “Rimu”, “Nikau”, “Kowhai”, “Mountain cabbage trees (toi)” oder “Silver fern (ponga)”. Unterwegs werde ich von “Fantails” und “Robin-Birds” angeglotzt und begleitet. Erstere sind meine absoluten Lieblings-Vögel. Bereits in der Gärtnerei konnte ich diese lebhaften und neugierigen Vögel bestaunen. In Maori nennen sie sich Piwakawaka und Toutouwai. Schließlich erreiche ich das Ende des Waldes und den Beginn des Flussbettes des „Fossil-Creek“. Von hier an folge ich nur noch dem Flusslauf bis zum Ziel der Tagesetappe, einer Biwakstelle unter einem der größten Rock-Shelters Neuseelands, dem „Ballroom-Overhang“. Das „nur noch“ wird sich alsbald als Trugschluss herausstellen. Ich ziehe erneut meine Schuhe aus, quere den Fluss, ziehe die Schuhe wieder an und folge dem Flussbett über scharfes Geröll. Nach nur ungefähr 50 m eine erneute Querung. Schuhe aus, queren, Schuhe an. Nach weiteren sieben Querungen (es muss ständig die Uferseite gewechselt werden) lass ich die Schuhe aus und laufe barfuß weiter. Ich werfe die Frage auf, was mehr Zeit kostet, langsam über steiniges Terrain wandern oder sich ständig der Schuhe entledigen ? Wer sich jetzt fragen sollte: „Na warum lässt der Trottel denn die Schuhe nicht an ?“, der sollte sich meinen Bericht zur Wanderung im „Wilsons Promontory National Park“ durchlesen. Diese Erfahrung lehrte mich, dass nasse Schuhe zu bösen Blasen an den Füßen führen können, da man leicht in den Schuhen zu rutschen beginnt. Ich bleibe barfuß und schaue auf die Uhr. Eine Stunde vorüber seitdem ich das Flussbett am Fossil-Creek erreichte. Nach einer weiteren Stunde und ungefähr 30 Flußquerungen mehr wage ich einen Blick auf die Karte. Schließlich müsste ich ja bald einen entscheidenden Wegpunkt erreichen, an dem der Fossil-Creek in den „Dilemma Creek“ mündet. Von dort geht es dann nochmal einige Kilometer weiter bis der Dilemma Creek in den „Fox River“ mündet. Dies ist gleichzeitig die Schlüsselstelle, da dieser Kreuzungspunkt durchlaufen werden muss, um zum Biwak zu kommen und gleichzeitig die tiefste Stelle aller Flussquerungen darstellt. Mein Blick auf die Karte lässt mich allerdings erbleichen. Ich habe in den letzten Stunden lediglich einen Kilometer zurückgelegt ! Nun werde ich doch etwas panisch, da der größte Teil der Strecke noch vor mir liegt und es nur noch fünf Stunden bis zum Sonnenuntergang sind. Ich lege meine Bedenken beiseite und ignoriere nasse Schuhe. Mit festem Schuhwerk lässt sich das Flussbett wesentlich besser und schneller zurücklegen. Ich komme nun gut voran und erreiche nach weiteren zwei Stunden die Mündung am Dilemma Creek. Da es für eine Mittagspause ohnehin zu spät ist, ziehe ich nach einem Schluck aus der Trinkflasche sofort weiter. Weitere 90 Minuten später stehe ich vor der Schlüsselstelle. Ich kann nicht wirklich eine günstige Stelle zur Flussquerung finden. Also Augen zu und durch. Das Wasser bis zur Hüfte und den Rucksack zur Sicherheit abgenommen und auf die Schulter abgelegt, ziehe ich durch den Fox River. Zwar habe ich meine wichtigsten Sachen in wasserfesten Beuteln verstaut, trotzdem freue ich mich (noch) über einen trockenen Rucksack. Die Strömung ist zum Glück nur schwach. Ich erreiche das andere Flussende und mache mich auf die letzten Meter bis zum Schlafplatz, welchen ich kurz vor Sonnenuntergang erreiche. Ich habe noch genug Zeit, um meine nassen Sachen etwas trocknen zu lassen, leider nur ungenügend. Danach baue ich schnell das Zelt auf, kämpfe währenddessen mit den berüchtigten „Sandflies“ (kleine Stechmücken) und gönne mir dann ein Abendbrot im Zelt. Tatsächlich habe ich den Tag durch meine Bummelei ohne Energiezufuhr durchziehen müssen. Die Nacht schlafe ich einigermaßen gut, obwohl die doch recht großen Bruchstücke der Felswand, welche ich bei Ankunft am Boden vorfand, mich etwas nervös gemacht haben. Nach einem kleinen Frühstück geht es auf die zweite, wesentlich kürzere Tagesetappe. Die feuchten Klamotten vom Vortag sind kühl und lassen mich frösteln. Ich lege ein zügiges Tempo ein, um warm zu werden. Zunächst muss ich den Fox River erneut queren, dann erreiche ich einen Ausstieg aus dem Flussbett und ein Schild ! Einen Hinweis, dass es 200m in Pfeilrichtung eine sehr flaches Flussstück gibt, durch welches sich der Fox River sicher durchlaufen lässt. Schönen Dank ! Wieso gibt es diesen Hinweis nicht weiter unten im Flussbett ? Nun gut. Nach zwei Stunden erreiche ich das Ende des Tracks, den Highway SH6. Trotz nasser Schuhe habe ich keine Blasen an den Füßen. Vielleicht haben sich die dicken Wandersocken, die die gute Frau mir im Schuhladen aufgeschwatzt hatte, doch gelohnt ?
Der Reiseführer empfiehlt einen Shuttle-Bus zu organisieren, aber das ist mir zu teuer. Ich entscheide mich für “hitch-hiking” (per Anhalter), aber erfolglos (vielleicht hätte ich mich doch zwischen erster und zweiter Wanderung mal rasieren sollen ? 🙂 ). Ich laufe schließlich den Highway zurück in Richtung Parkplatz. Nach ca. 8 km erbarmt sich doch ein Autofahrer und chauffiert mich die letzten 5 km zurück nach Punakaiki. Ich schau mir am Nachmittag noch den Ort mit seinen Sehenswürdigkeiten wie den „Pancake-Rocks“ an und fahre dann zum Zeltplatz. Am Abend setzt der angekündigte Regen ein.
Zusammenfassung Inland Pack Track
Datum | Tag 1 | Tag 2 |
Streckenlänge | 27,9 km | 19,8 km |
Trackzeit (in Bewegung) | 6:54 h | 3:27 h |
Höhenmeter | 2162 m (Bergauf) / 2004 m (Bergab) | 1635 m (Bergauf) / 1736 m (Bergab) |
Höchster Punkt | 473 m |

