Nach einer Nacht im YHA Hostel in Nelson mache ich mich bei bestem Wetter auf den Weg zu meiner ersten Wanderung. Vor mir liegt der „Tableland Circuit“, eine 3-tägige Rundschleife im Gebiet „Wharepapa / Mount Arthur Range“ gelegen im „Kahurangi National Park“. Unterwegs passiere ich ein wunderbar, auf einem Hügel gelegenes Wohngebiet in Nelson, welches einen vorzüglichen Blick über die Küste zulässt. Es geht weiter in Richtung Motueka und von da zum Parkplatz des Wandergebietes. Die letzten 10 km sind ein steiler, holpriger Schotterweg, welcher sicher so gar nicht für meinen grünen Panther geeignet ist. Laut Wanderführer „Lonely Planet“ ist dieser Rundgang nur wenig besucht, doch werde ich vor Ort eines besseres belehrt, denn es ist, trotz einem Wochentag, voll. Etwas enttäuscht muss ich an einen Freund denken, welcher mich schon vor vielen Jahren vor diesem Reiseführer warnte. Ich beginne meine Utensilien zusammenzusuchen und packe in aller Ruhe meinen Rucksack. Mittendrin werde ich von „entenartigen“ Vögeln belästigt, die „Weka“ genannt werden. Sie sind sehr neugierig und versuchen mir, auf der Suche nach Futter, meine Sachen zu stehlen. Anfänglich nehme ich es gar nicht so ernst bis mir plötzlich eine Banane fehlt. Später muss ich feststellen, das auch Teile meiner Hygieneutensilien, welche sich in einem Beutel befanden, abhanden gekommen sind. Verwundert vermute ich hinter dem Diebstahl die Weka, bin mir aber nicht sicher. Bestätigt wird mein Verdacht schließlich von eine Gruppe älterer Damen, die gerade von einer Wanderung zurückkommen und mich vor den diebischen Vögeln warnen. Lustigerweise sprechen sie mich eigentlich wegen dem Peugeot an 🙂 Diesen finden sie stylish und cool und berichten mir davon, früher das gleiche schnelle und wendige Modell besessen zu haben.
Hütten 1×1
Nach einem schnellen Mittag beginne ich die erste Etappe der Tour. Ein gut ausgebauter Wanderweg führt mich durch einen Urwald aus kleinen und großen Farnen, Palmen und verschiedensten Bäumen zur ersten Hütte mit dem Namen „Mount Arthur Hut“. Da ich einen ruhigen Wanderweg bevorzuge, bin ich sehr glücklich niemandem begegnet zu sein. Trotz der vielen Fahrzeuge am Parkplatz verläuft es sich dann doch etwas. Erst an der Hütte treffe ich die erste Person, eine Wanderin namens Virginie aus Frankreich. Sie erzählt mir gerade ebenso Urlaub zu machen, aber eigentlich mit ihrem Freund in einer Maori-Community in Northland zu leben. Sie will sich daher dauerhaft in Neuseeland niederlassen. Von der Hütte kann man in ungefähr zwei Stunden den höchsten Gipfel der Umgebung, den Mount Arthur (1795 m) erklimmen. Mir bleibt bis zum Sonnenuntergang noch genug Zeit und so mache ich mich ohne schweren Rucksack, aber mit Kamera und einer Wasserflasche auf den Weg. Virginie warnt mich noch vor einem weiterem diebischen Vogel, den „Kea“. Dieser ist ein sehr beliebter Berg-Papagei, welcher sich in Alpenregionen aufhält und gleichfalls sehr neugierig und dabei ruinös auftritt. Zerstörte Zelte, entwendete Wanderschuhe oder beschädigte Wegweiser sind keine Seltenheit. Ich erreiche den Gipfel bei mittlerem Wind nach ca. 90 Minuten. Da es sich um den ersten Gipfel meiner Urlaubs-Tour handelt, ist mir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bewusst, dass es tatsächlich einer der Höchsten Gipfel seien wird, die ich auf meinen Wanderungen erklimme. Zufrieden kehre ich kurz vor Sonnenuntergang zur Hütte zurück. Dort treffe ich noch ein älteres Ehepaar an, welche ebenfalls die Nach bei der Hütte verbringen, allerdings in einem Zelt. Dies ist billiger, obwohl die Nacht in einer Hütte hier nicht sehr teuer ist. Neuseeland besitzt eine wahnsinnig dichtes Netz von um die 900 Berghütten. Die meisten in, für mein Empfinden nach, sehr gutem Zustand mit angemessener Ausstattung. Fast alle Hütten haben neben einem Bett mit Matratze noch einen Ofen und eine Kochecke sowie einen Wassertank. Die Top-Modelle auf den sogenannten „Great Walks“ sind eher Lodges mit getrennten Räumen, Waschbecken und Gaskochern. Diese Hütten werden im Sommer zudem von Hüttenwärter*innen betreut und kosten deutlich mehr. Ohne diese Annehmlichkeiten werden die Hütten unterschieden zwischen Basishütten (base hut / 5 $) und gewarteten Hütten (serviced hut /15 $). Letztere werden regelmäßig gereinigt und mit Feuerholz und Klopapier versorgt. Die Luxushütten kosten zwischen 30 $ und 75 $ pro Nacht. In der Nebensaison im Winter kosten sie jedoch auch nur noch 15 $. Ich habe mir aufgrund der Vielzahl meiner geplanten Wanderungen einen Hüttenpass zugelegt mit welchem ich alle Basishütten und gewarteten Hütten nutzen kann, ohne jede separat zu bezahlen. Die Bezahlung erfolgt normalerweise Online oder man ersteht entsprechende Tickets in einer Touristen-Information und hinterlässt die Tickets dann in einer Box in der Hütte. Ähnlich läuft es für Zeltplätze, welche es ebenso entlang von Wanderwegen geben kann, meist in der Nähe von Hütten. Generell ist Zelten überall erlaubt, jedoch mit mindestens 500 m Abstand zum Weg. Nur bei vielbesuchten Wanderwegen ist es mittlerweile nicht mehr erlaubt und es müssen die zur Verfügung gestellten Hütten oder Zeltplätze benutzt werden. Die oben erwähnten Great Walks sind besonders aufwendig aufbereitete Wanderwege, welche für möglichst alle Menschen zugänglich sein sollen. Sie sind meist sehr sicher und einfach zu bewältigen und kosten entsprechend mehr. Sie sind wie Autobahnen durch den Wald, verglichen mit anderen Wanderwegen. Allerdings sind, so finde ich, alle Wanderwege sehr gut gekennzeichnet und sicher. Je nach Wetter kann es rutschig und matschig sein oder es gibt umgefallene Bäume auf dem Weg, aber sich zu verlaufen ist schwer.
Marmite-Tragödie
Ich genieße mein Abendbrot und lege mich ins Bett. Am Morgen unterhalte ich mich beim Frühstück mit dem Ehepaar, welche mir scherzhaft von dem großen Tal der Tränen berichten, welches die Menschen in Neuseeland nach dem gewaltigen Erdbeben 2011 in der Nähe von Christchurch durchlaufen mussten. Ein beliebter Brotaufstrich hier ist Marmite. Dabei handelt es sich um einen sehr salzigen, bitteren Hefe-Aufstrich. Nun liegt die Fabrik für dieses Produkt in Christchurch und wurde bei dem Erdbeben schwer beschädigt. Nachdem die Leute ihre Vorräte aufgebraucht hatten, gab es kein Marmite mehr bis der Fabrik wiedereröffnet wurde. Ein schwerer Schicksalsschlag. Nach dem Frühstück breche ich auf. Über die „Gordons Pyramid“ (1489 m) geht es zu Hütte „Salisbury Lodge“. Die Baumgrenze ist überschritten und vor mir zeichnet sich eine hügelige Gras- und Buschlandschaft ab. Der Aufstieg zur Pyramid ist steil und mit dem schwere Gepäck schweißtreibend, aber oben angekommen bietet sich ein sehr schöner Ausblick. Danach geht es abwärts bis ich ein kleines Waldstück erreiche. Dieses passiert, komme ich zu einer offenen, grasbewachsenen Landschaft und sehe bereits die Hütte in der Ferne. Nach ungefähr fünf Stunden erreiche ich am frühen Nachmittag mein nächstes Ziel. Vor Ort treffe ich zunächst einen älteren Herren mit welchem ich mich bei einem verspäteten Mittag unterhalte. Er wohnt in der Nähe, hat ein paar Tage Urlaub, welche er zum Wandern nutzt und wird die Nacht auch in der Hütte verbringen. Im Anschluss beschließe ich, das gute Wetter zu nutzen und mir noch etwas die Umgebung anzuschauen. Unterwegs komme ich zu einem Rock-Shelter ähnlich einer Boofe (also eine Felswand, die eine natürliche Überdachung bildet), wo ich einen Vater mit Sohn treffe. Beide wollen die Nacht hier verbringen. Doch leider gibt es Probleme mit der Versorgung. Sie wollen Wasser aus einem nahen Bach entnehmen, aber der Wasserfilter funktioniert nicht. Einen Kocher haben sie nicht mit und so beschließen sie, die Nacht ebenfalls in der Hütte zu verbringen, wo es eine verlässlichere Wasserquelle gibt. Wie sich später herausstellt, kommen beide ursprünglich aus der Schweiz und sind zusammen mit dem Rest der Familie vor einigen Jahren nach Neuseeland gezogen. So sind wir am Abend vier Personen in der Hütte. Nach dem Abendbrot und einem schönen Sonnenuntergang lege ich mich müde in den Schlafsack. Am nächsten Morgen ziehe ich bei erneut wunderbarem Wetter weiter. Die Strecke verläuft weitestgehend unspektakulär. Nach der offenen Landschaft bei der Hütte geht es zurück in den Wald. Die Vögel singen und ich folge in Gedanken versunken dem Weg. Nach einer Flussüberquerung über eine Hängebrücke komme ich unterwegs noch an zwei weiteren schönen Biwak-Stellen vorbei und erreiche schließlich zum Nachmittag zunächst die „Flora-Hut“ und kurze Zeit später den Parkplatz. Damit ist meine erste Wanderung beendet und ich fahre nach Westport, um dort meine Vorräte aufzustocken. Da die Wettervorhersage für die folgenden zwei Tage noch sehr optimistisch ist, fahre ich anschließend weiter nach Punakaiki, um dort am nächsten Morgen meine zweite Wanderung zu beginnen.
Zusammenfassung Tableland Circuit
| Datum | Tag 1 | Tag 2 | Tag 3 | |
| Streckenlänge | 13,9 km | 19,7 km | 13,5 km | |
| Trackzeit (in Bewegung) | 3:43 h | 5:26 h | 3:10 h | |
| Höhenmeter | 956 m (Bergauf) / 622 m (Bergab) | Fehler Aufzeichnung | 434 m (Bergauf) / 606 m (Bergab) | |
| Höchster Punkt | 1795 m |








Lan 10/01/2022
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