As I dropped out one morning...

Mr. P. is occupying Oceania

Vom Wandern

Ich bin leider nicht sehr erfolgreich mit meiner Arbeitssuche. Vielleicht liegt es an den Sommerferien, vielleicht ist einfach viel los im Sommer oder ist es der Raum Sydney, welcher von vielen Reisenden frequentiert wird. Ich bewerbe mich auf sehr viele Stellen ohne eine Antwort zu erhalten. Zudem habe ich eine Anzeige online und bekomme hin und wieder Anrufe. Nach netten Gesprächen wird häufig vereinbart, dass ich meinen Lebenslauf einreiche und dann einen Rückruf erhalten werden. Dieser kommt jedoch nie. Mittlerweile sagt mir mein subjektives Empfinden, dass ein geteilter Arbeitsmarkt existiert. Zum einen Teil werden die Stellenanzeigen wie bei uns abgehandelt, Bewerbung, Interview und dann geht es los. Der andere Markt scheint der spontane und schnelllebige zu sein. Es bestehen bestimmte Anforderungen, aber die sind dann doch nicht so wichtig und es werden die Leute genommen, welche am schnellsten reagieren, sehr flexibel sind und bei allen Fragen einfach „Ja“ antworten. Letzteres liegt mir nicht wirklich und ich teile den Leuten mit, was ich kann und was nicht. Dies führt dann eben zu keinem Job. Der erste Markt betrifft permanente Besetzungen, wo ohnehin meist nur Einwohner*innen Chancen haben.

Mit Blue Rhino fahre ich vom Flughafen in Sydney zuerst etwas nördlich der Stadt nach Collaroy Beach. Hier bleibe ich die folgenden Tage und suche eine Klinik auf. Ich bekomme einen Termin (4 Tage Wartezeit) und bezahle dafür 90 $ (ca. 50 €). Die Behandlung dauert schließlich exakt 5 Minuten. Der Arzt schaut mal kurz auf meinen Popo, meint „Zyste“, zieht ein Rezept für Antibiotika aus der Hosentasche, schaut mich Keks kauend an (die Kekse hatte er sich vor der Behandlung noch schnell zum Mittag geholt) und meint „Ciao“. Manche Leute mögen es effizient nennen, ich komme mir veralbert vor. Irgendwie habe ich mir unter einem Termin dann doch wenigstens ein vertrauensvolles Gespräch oder ähnliches vorgestellt. Das Gesundheitssystem wird hier “MediCare” genannt. Es wird über die Einkommenssteuer finanziert (2% des Einkommens). Fällt eine Behandlung an, muss diese bezahlt und kann anschließend erstattet werden. Je nach Behandlung die volle Summe oder nur 50 %. Die Mitgliedschaft gilt nicht für mich. Mir kommt das Gesundheitssystem trotz allem wie ein kommerzielles, privates System vor. Und auch einige der Leute, welche ich bisher getroffen habe, waren nicht sehr begeistert von der Qualität. Ich nehme die Antibiotika und in den nächsten Tagen bessert es sich. Dies liegt aber nicht unbedingt an den Pillen, als mehr an dem Umstand, dass ich den ganzen Tag am Strand liege und mich im Gegensatz zu den vorangegangenen Tagen nicht bei den hohen Temperaturen bewege (und schwitze). Ich nutze erneut die Website von „youcamp“ und finden einen Host in den Vorstädten von Sydney, welcher seinen Garten zum Camping anbietet. So bleibe ich die folgenden beiden Wochen weiterhin in Sydney, fahre etwas mit dem Rad umher und schaue mir beispielsweise den Olympischen Park an (Olympischen Spiele Sydney 2000). Dieser liegt nicht weit weg von einem Naturreservat (Vogelschutzgebiet, Newington Nature Reserve), wo es sich wunderbar Rad fahren lässt.

Here you can see pillars in memory of the Olympic games in Sydney 2000
Säulen zur Erinnerung an die Olympischen Spiele in Sydney im Jahr 2000; die Säulen sind beschriftet mit den Namen der Nationen und Sportler*innen

Ich beschließe daraufhin zurück nach Victoria zu fahren. Ich kenne mich dort besser aus, habe einige Kontakte und hoffe vielleicht darüber eine Job zu finden. Weiterhin schreibe ich ehemalige Reisende per E-Mail an, welche ich in den Monaten zuvor kennenlernte. Antwort erhalte ich z.B. von Marco und Pascale (mit diesen arbeitete ich im Oktober 2018 in Warrambine), welche nach einem längeren Aufenthalt in Europa zurück in Australien sind. Zufälligerweise befindet sich Pascale nicht weit weg von Melbourne und so vereinbaren wir ein Treffen. Marco ist in Neuseeland arbeiten, da er, im Gegensatz zu Pascale, keine Arbeitsrechte mehr in Australien hat.

Zunächst muss ich jedoch noch einen wichtigen Auftrag, von „ganz oben“ erfüllen. Es geht ein wenig um die Familienchronik. Die Urgroßeltern hatten eine Brieffreundin in Australien, genauer in Malua Bay. Ich soll mal nachsehen, „ob es das Haus noch gibt“. So fahre ich zum angegebenen Ort. Ich komme am späten Nachmittag an. Eine ältere Frau sitzt auf der Veranda. Da ich keine Hausnummer erkennen kann, schlendere ich zunächst etwas in der Straße herum, um sicher zu gehen, dass ich richtig bin. Beim Rückweg zum Auto beschließe ich die Frau auf der Veranda zu fragen. Leider ist sie nicht mehr da. Verärgert setzte ich mich ins Auto. Ich überlege an der Tür zu klopfen und lege mir gerade eine Geschichte zurecht, als die gute Frau aus dem Haus kommt und auf ein Auto zusteuert. Ich gehe schnell zu ihr und spreche sie an. Im ersten Augenblick sehr argwöhnisch, bestätigt sie sogleich die besagten Personen, welche ich Suche, zu kennen. Es sind ihre Eltern und sie selbst heißt Ursula. Sie wird neugierig, erzählt mir kurz von der Familie und ja „sie kennt Dresden, Pulsnitz und Reichenbach“. Leider ist Wochenende und sie hat wenig Zeit. Sie stellt mir noch kurz ihre Familie (Tochter und Enkel) vor, wir tauschen Telefonnummern aus, danach fährt die Familie eilig zu einem Treffen mit Freunden. Ich bin sehr überrascht. Das war mehr, als ich von diesem Ausflug erwartete.

Ich ziehe weiter in Richtung Melbourne. Auf dem Weg passiere ich Canberra, die Hauptstadt Australiens. Ich habe nichts wirklich interessantes von der Stadt gehört und möchte keinen Stopp einlegen. Mir fällt nur auf, dass sie (auf dem Reißbrett entworfen) etwas überdimensioniert wirkt. Ich benötige gerade mal ein halbe Stunde für die Durchfahrt. Für eine australische Großstadt recht flott. Ich erreiche einen Tag später die äußeren Stadtränder von Melbourne. In den folgenden Tagen und Wochen suche ich mir kostenlose Campingplätze und bereise das Gebiet westlich von Melbourne. Ich verbringen einige Zeit in der Gegend von Geelong (Torquay), wo ich Pascale treffe. Sie arbeitet in einem Weingut in Queenscliff und wohnt zudem im Ausgleich für etwas Gartenarbeit kostenlose auf einer Farm. Bei unserem Treffen erzählt sie mir unter anderem, dass sie kürzlich mit ihrem Auto einen Pfosten am Eingang der Farm umgefahren hat, an welchem der Schalter für das automatische Tor befestigt ist. Der Pfosten lässt sich schweißen, nur leider lässt sich seitdem das Tor nicht mehr per Schalter öffnen. Ich verspreche ihr bei Gelegenheit mal drüber zu schauen, sage ihr aber voraus (nachdem sie mir Bilder zeigte), dass es nur eine lose Batterie im inneren der Box sein kann, da der Schalter ziemlich alt wirkt.

  • Here you can see a sparrow
  • Here you can see a bee
  • Here you can see a mushroom

Ich verbringe die Tage meist mit Lesen, Wandern oder Rad fahren. Weiterhin teste ich mein neues Telezoom-Objektiv, welches ich mir noch schnell geleistet habe, um besser Naturfotos zu schießen. Währenddessen erhalte ich eine Nachricht von Jenny, welche ich in Sydney traf. Sie ist von ihrem Freiwilligenprojekt in der Nähe von Sydney weiter nach Victoria gezogen. Zurzeit befindet sie sich in Daylesford und möchte später nach Melbourne und von da nach Tasmanien. Ich bot ihr damals in Sydney etwas Sightseeing in Victoria an, falls wir uns nochmals sehen sollten, da es mit einem Auto einfacher ist, als mit dem ÖPNV. So beschließen wir in den „Grampians“ etwas zu wandern und danach die „Great Ocean Road“ entlang zu fahren. Unterwegs frage ich sie, ob sie sich vorstellen könnte an einer Wanderung im „Wilsons Promontory National Park“ teilzunehmen. Dieser Nationalpark wurde mir von sehr vielen Reisenden empfohlen. Bei einer Recherche fand ich heraus, dass es einen Rundgang im Süden und im Norden gibt. Allerdings ist die Wanderung im Norden sehr anspruchsvoll, verlangt gut Navigationsfähigkeiten und gutes Equipment. Das Gebiet ist sehr abgelegen und wird kaum begangen. Das Gelände ist flach und einfach zu wandern, jedoch gibt es keinen gut gezeichneten Wanderweg, sondern es verläuft mehr oder weniger querfeldein. Genau das Richtige für mich 🙂 Leider ist dafür ein persönliches Gespräch mit einem Ranger des Parks notwendig, welcher sicherstellen möchte, dass man wirklich überlebensfähig ist. Ich habe daher Bedenken, dass mich die Verantwortlichen nicht alleine gehen lassen, und nach einer 2. Person für Notfälle (beispielsweise gibt es sehr viele Schlangen in der Gegend) verlangen. Nach unserer Tour setze ich Jenny am Bahnhof ab, wo sie weiter nach Melbourne zu einem neuen Bauprojekt fährt. Sie will es sich mit der Wanderung überlegen, hat aber nicht wirklich dafür Zeit.

  • Here you can see a Kookaburra
  • Here you can see a horse
  • Here you can see a crow

Ich fahre daher zwei Tage später einfach los in Richtung des Parks und versuche mein Glück. Ich nehme dazu die Fähre von Queenscliff nach Mornington. So erspare ich mir die Fahrt durch Melbourne und kann unterwegs bei Pascale anhalten, um wegen dem Schalter zu schauen. Dort angekommen, öffne ich die Box und eine lose Batterie fällt heraus. Meine erste erfolgreiche elektronische Reparatur in Australien 🙂 Ich ziehe weiter und besichtige an den nächsten beiden Tagen die Mornington-Halbinsel. Als ich mich weiter auf den Weg zum Nationalpark begebe erreicht mich eine Nachricht von Jenny. Ihr Bauprojekt ist nicht besonders toll und sie möchte es abbrechen und lieber die Wanderung mitmachen. So hole ich sie unterwegs an einem Bahnhof ab und wir fahren zum Wilsons. Die Dame vom Informationszentrum des Parks lässt uns zweifeln. Wir sollen lieber die Tour im Süden machen. Es ist sehr anspruchsvoll im Norden und viele erfahrene Wanderer sind dort bereits verloren gegangen. Es gesellt sich ein Ranger hinzu, welcher uns dann letztendlich überzeugt, es doch zu versuchen. Aus seinem Mund klingt die Tour wie ein machbares Abenteuer. So ziehen wir schließlich gut ausgestattet, mit der „Locus“-App auf meinem Smartphone (GPS) sowie Karte und Kompass los. Zuvor habe ich mir extra ein Online-Tutorial zum Thema Kompassarbeit gegönnt. Die Tour verläuft letztlich sehr gut. Wir bewältigen die 60 km in drei Tagen. Das Wetter spielt einigermaßen mit, es ist meist bewölkt (keine krasse Hitze) und es regnet nur gelegentlich. Die größte Herausforderung ist tatsächlich die Navigation. Der Weg ist eigentlich nicht zu erkennen. Hin und wieder hängen verblichene Bändchen in den Ästen und Sträuchern, welche den Weg markieren sollen. Glücklicherweise funktioniert die App wirklich super und navigiert uns zuverlässig durch das Gelände. Mit Kompass würde es schlicht die doppelte Zeit benötigen und mich wundert es nicht, das erfahrene Leute hier in der Vergangenheit verloren gingen. Schön wäre noch eine Machete gewesen, da es unterwegs sehr viele „Arschloch-Sträucher“ gibt, die uns im Gesicht kleben und Wunden reißen. Zum zweiten Mal nach Tasmanien kommen hier zudem die selbstentworfenen „Snake-Protectors“ erfolgreich zum Einsatz. Wir sehen doch sehr viele Schlangen und es ist fast unmöglich all diese durch das wilde Gestrüpp zu erkennen. Die Wahrscheinlichkeit eines Bisses ist sehr hoch und die Vorkehrung mittels Protektoren sinnvoll. Glücklicherweise passiert uns nichts. Die Tage sind lang, unterwegs attackieren uns Insektenschwärme und das Wasser ist immer knapp. Leider gibt es an den Campingplätzen keine Tanks und so müssen wir das Wasser direkt aus dem Bach ziehen und wenn möglich abkochen. Manchmal sind die Bäche jedoch ausgetrocknet oder mit Salzwasser vermischt, da sie direkt in den Ozean fließen. Aber selbst über Salzwasseraufbereitung haben wir uns zuvor Gedanken gemacht. Schön ist die Lage der Campingplätze direkt am Meer. So können wir nach den langen Märschen nochmal schnell ins Wasser springen. Zudem gibt es hin und wieder Wasserdurchquerungen, wobei die sumpfigen Abschnitte besonders spaßig sind.

Nach der erfolgreichen Wanderung verabschieden wir uns. Jenny fliegt von Melbourne weiter nach Tasmanien. Ich konkretisiere meine weiteren Pläne und buche einen Flug nach Neuseeland. Im März 2019 hatte ich bereits mein „Work & Holiday“-Visa für Neuseeland beantragt. Dieses muss ich nun bis März 2020 aktivieren. Weiterhin hatte mich Pascale, welche bereits in Neuseeland gearbeitet hat, ermutigt, dort nach einem Job zu suchen. Tatsächlich erhalte ich nach einer kurzen Recherche einen positiven Eindruck und beschließe mein Glück dort zu versuchen. Ich besuche Phil in Ballarat und lasse meine Auto bei ihm. Von dort reise ich mit dem Bus weiter nach Sydney, wo ich an einem weiteren Tauchkurs für Fortgeschrittene teilnehme. Eigentlich war die Reise von Melbourne nach Sydney mit dem Zug geplant. Leider gab es kurz zuvor ein schweres Zugunglück auf der Strecke und folglich wurde Schienenersatzverkehr eingeführt. Der Tauchkurs verläuft auch nur suboptimal. Es geht über zwei Tage. Am zweiten Tag soll der Tauchgang von einem Boot stattfinden. Leider ist das Wetter zu schlecht und die Tour fällt aus. So muss ich nun meinen Kurs später oder woanders beenden. Dies ist problemlos möglich, da die Kurse auf einem international anerkannten System aufbauen und weltweit identisch sich. Ein Hoch auf die Standardisierung 🙂

Ich mach mich nun auf den Weg nach Neuseeland und bin gespannt, was dieser Teil der Erde zu bieten hat…

  • Here you can see a wallaby
  • Here you can see a spider
  • Here you can see the Bushranger bay on Mornington peninsula
  • Here you can see a Wilson's Promontory NP
  • Here you can see a swamp
  • Here you can see chilling kangaroos
  • Here you can see a beach
  • Here you can see a river crossing

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