Unser Quartier für die Zeit in Adelaide liegt im Stadtteil Port Adelaide, genauer in dessen Hostel. Den ersten Abend nach unserer Ankunft wollen wir allerdings noch im Auto verbringen. Wir fahren zum Strand, genießen dort Sonnenuntergang sowie Abendbrot und legen uns zum Schlafen. Leider werden wir kurze Zeit später von einem Nachtwächter aufgeweckt und vertrieben. Es ist in dieser Gegend verboten zu Campen oder im Auto zu schlafen. So fahren wir in die Nacht und finden nach einiger Suche einen größeren Naturpark etwas außerhalb der Stadt. Hier stellen wir uns einfach auf den Parkplatz und können ungestört bis zum nächsten Morgen durchschlafen. Wir nutzten den Grillplatz des Parks für das Frühstück an diesem Sonntagmorgen. Danach geht es zu unserer Arbeitsstelle ins nahe gelegene Belair. Wir werden von der Familie Taylor begrüßt und in die Arbeit eingewiesen.
Es soll die gesamte Hofeinfahrt mit alten Steinen gepflastert werden. Diese wurden bereits von einer anderen Stelle des Grundstücks ausgegraben und liegen bereit. Zudem wollen alle Familienmitglieder mit anfassen. Besonders der älteste Sohn mit seinen ca. 13 Jahren möchte später “Handyman” werden und geht mit viel Enthusiasmus ans Werk. Die Familien hofft bei dieser tatkräftigen Unterstützung bis zum Abend fertig zu werden. Wir zweifeln hinsichtlich dieses Plans. Der Untergrund ist mehr schlecht als Recht vorbereitet, es gibt keine Borde am Grundstücksabhang, das Werkzeug ist nicht ausreichend und zu guter Letzt werden uns weitere Aufgaben, wie beispielsweise einen Teil der Regenrinne neu verlegen, aufgetragen. Wir beginnen mit der Arbeit, es geht aber nur schleppend voran. Selbst “Candyman” (es ist halt ein kleiner, kräftiger Junge) lässt nach einiger Zeit nach und verkrümelt sich. Zwischendurch müssen wir die Familie auf den Baumarkt schicken, um noch fehlende Teile oder Werkzeuge zu besorgen. Es ist eben nur halbherzig durchgeplant. Am Abend ist ungefähr ein Drittel der Einfahrt fertig. Wir bereiten uns auf eine vollständige Woche an Arbeit vor und fahren zum Hostel. Etwas Müde werden wir dort mit der Zukunft konfrontiert. Am Empfang steht keine Person, sondern ein Monitor. Dort sehen wir dann die Empfangsdame, welche auf den Philippinen sitzt. Verwirrt durchlaufen wir den Check-in und werden kurz darauf von Derrick angesprochen. Er arbeitet zwar hier im Hostel, sitzt auch an der Rezeption, aber ist trotzdem nicht offiziell für den Empfang zuständig. Er kümmert sich stattdessen um alles andere, hat am Wochenende frei und bekommt weniger Geld. Des weiteren wohnt er vergünstigt im Hostel. Das Ganze sieht trotzdem nach Gewinnmaximierung durch Lohnkostensenkung aus. Technisch ausgereift ist es in jedem Falle nicht, da die Software (MS Win!) häufig abstürzt. Und bei vielen Fragen oder Problemen kann ohnehin nur der „Hausmeister“ Derrick helfen, da die Arbeitnehmerinnen am anderen Ende der Online-Verbindung das Hostel noch nie Live gesehen haben.
Nach dem Frühstück bringen wir zuerst Blue Rhino in die Werkstatt. Diese nennt sich „Speedshop“ und soll ein “Carburetor” (Vergaser)-Spezialist sein. Der Techniker redet ganz gut auf uns ein, trotzdem verlassen wir die Werkstatt mit einem mulmigen Gefühl. So richtig kompetent wirkt das Ganze nicht, aber wir hoffen auf das Beste. Wir fahren mit dem ÖPNV zu unserer Baustelle und verbringen diesen sowie alle folgenden Tage bis zum Ende der Woche dort. Am Sonntag schließen wir das Projekt ab. Die Familie ist zufrieden, wir nicht so wirklich. Unter den gegebenen Umständen ist es nicht wirklich gerade und ansehnlich. Wir bekommen unseren Lohn in Bar und gehen damit am Montagmorgen zum Speedshop. Der Techniker rief uns am Freitag an und teilte uns mit, dass das Auto fertig sei, aber dann doch nicht so richtig. Wir erhalten vor Ort die Erklärung. Der Vergaser wurde getauscht, der Verbrauch ist nun normal, aber es gibt noch unerklärliche Fehlzündungen. Eine weitere Untersuchung wäre nötig, eventuell muss der Katalysator getauscht werden, das alles geht aber erst mit einem neuen Termin nach Ostern, also in mehr als einer Woche. Warum die Fehlersuche nicht beendet wurde und wir mit einem neuen Termin vertröstet werden wird uns nicht erklärt. Auf unsere Frage, ob es nicht noch andere Fehlerursachen geben könnte, beispielsweise die Abgasregelung (Lambdasensor), wurde uns erläutert, dass es in Deutschland vielleicht üblich sei, Sensoren und System auszumessen, in Australien werden hingegen die potentiellen Fehlerquellen einfach getauscht und dann funktioniert es ja wieder. Das bringt das Fass zum Überlaufen und ist für uns die Bankrotterklärung. Keine Ahnung wie diese Heinis mit einer solchen Herangehensweise ein neueres Fahrzeug der Marke Toyota oder BMW reparieren wollen, denn sie sind neben Spezialisten für Vergaser auch eine normale Autowerkstatt. Unzufrieden bezahlen wir die Rechnung und machen uns aus dem Staub. Diese Werkstatt ist kein Thema mehr. Nach längerer Abwägung und einer Testfahrt, welche den Verbrauch auf ungefähr 18 l / 100 km bestimmt, entschließen wir uns in das Outback zu fahren. Wir holen unsere Sachen aus dem Hostel, tätigen letzte Einkäufe für die nächsten zwei Wochen und fahren los. Am Abend erreichen wir Jamestown, ungefähr drei Stunden nördlich von Adelaide gelegen.
Den Ort habe ich nicht ganz ohne Hintergedanken als Ziel für diesen Abschnitt ausgewählt. Ganz in der Nähe liegt die “Powerbank” der Firma Tesla und ich bin neugierig über deren Aufbau. Schließlich habe ich das letzte Jahr mit einer ähnlichen Anlage (Achtung: Böser BMW Werbefilm) bei B(eschissen)electric zu tun gehabt. Bei der Zubereitung des Abendbrotes dann der Schock. Jens hat sein Insulin in Adelaide vergessen. D.h. wir müssen am nächsten Tag nochmal zurückfahren. Die Tour steht wirklich unter keinem guten Stern. Am Morgen machen wir einen Abstecher zur Powerbank und fahren im Anschluss nach Adelaide. Am Abend erreichen wir Port Augusta.
Weiter geht es Richtung Alice Springs. Es ist sehr windig und wir haben eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 80 km/h. Zum frühen Nachmittag erreichen wir Coober Pedy, eine Minenstadt, in welcher “Opal” abgebaut wird und die Menschen in Wohnhöhlen leben. An der Tankstelle müssen wir feststellen, dass der Verbrauch erneut bei 25 l / 100 km liegt. Nach langem hin und her entschließen wir uns zur Umkehr. Es würden mit abgekürzter Strecke (nach Perth oder Darwin) noch 3000 km vor uns liegen. Mit dem Verbrauch und den deutlich teureren Kraftstoffpreisen im Outback können wir es uns nicht leisten. Nach Alice Springs zu fahren, um dort das Auto reparieren zu lassen, ist meiner Meinung nach wesentlich teurer, weshalb ich diese Idee ablehne. Schweren Herzens und mit schlechter Laune drehen wir um. Denn dies bedeutet gleichzeitig, dass unser gemeinsame Tour hier ein Ende findet. Die Zeit reicht nicht aus, um noch gemeinsam in den Westen zu kommen.
Wir verbringen die nächsten Tage in den Adelaide Hills, wissen jedoch nicht so wirklich wohin mit uns. Es ist Ostern und alle Geschäfte oder Werkstätten geschlossen. Um Geld zu sparen fahren wir nicht in die Stadt und nutzen die kostenlosen Campingplätze im Umland. Leider bietet die Region nicht so viel Interessantes für uns. Die australischen Großstädte gleichen sich sehr und sind mit der Zeit langweilig. Der Herbst hat gerade erst begonnen und die Parks und Grünflächen von Adelaide liegen noch vom Sommer ausgezehrt darnieder. In den Bergen der Umgebung gibt es jede Menge Weinanbaugebiete und teure klischeehafte Besichtigungen und Weinproben. Da sich relative viele deutsche Siedler in Südaustralien niedergelassen haben, finden sich gelegentlich auch kitschige Dörfer, welche die typische deutsche Traditionen vermitteln wollen. Nicht so wirklich das Richtige für uns. Einzig ein kleines Flugblatt in einer Touristeninformation lässt mich kurz aufmerksam werden. Tatsächlich haben sich auch einige sorbischen Familien Ende des 19. Jahrhunderts hier niedergelassen, um der Unterdrückung in Preußen zu entgehen. Das Flugblatt wirbt entsprechend mit sorbischer Tracht, dem Spreewald und der “Lusatia” (Lausitz).
Nach Ostern kehren wir in die Stadt zurück und suchen erneut eine Werkstatt auf. Nach all den schlechten Erfahrungen beschließen wir eine Strategieänderung. Über die Feiertage haben wir uns im Internet über die technischen Probleme belesen und befreundetet Autoschrauber in der Heimat kontaktiert. Da wir leider selbst keine Möglichkeiten haben die Fehlersuche und Reparatur durchzuführen, müssen wir zwar immer noch eine Werkstatt beauftragen, wollen aber nun vorgeben, was zu prüfen ist und für alle durchgeführten Tests einen Nachweis. Vielleicht taugt dieses selbstbewusste Auftreten wenigsten dazu, dass wir ernst genommen werden. Der erste Weg führt uns direkt zu Mitsubishi. Wie immer ist der Laden für die nächsten Wochen ausgebucht, wir werden jedoch weitervermittelt. Der Meister einer freien Werkstatt hört sich unsere Geschichte an, zeigt Verständnis und bestärkt uns darin das Fahrzeug auf ein Dynamometer zu stellen. Mit diesem Gerät werden Lastkurven und der Verbrauch des Fahrzeugs gemessen und mit den theoretischen Werten verglichen. Diese Arbeit hätte eigentlich nach dem Tausch des Vergasers von den Pfuschern des Speedshops durchgeführt werden müssen, um festzustellen, ob der Verbrauch wirklich gesunken ist. Leider kann der Werkstattmeister nicht mit solch einem Gerät dienen und so werden wir weiter geschickt. Bei dem “Port Adelaide Auto Workshop” werden wir fündig und erhalten einen Termin mit einer weiteren Woche Wartezeit. Am Mittwoch nach Ostermontag ist der “ANZAC Day“, ein Gedenktag für die Gefallenen der Weltkriege und alle darauffolgenden Kriege. Die meisten Leute nehmen sich für die folgende zwei Tage frei, sodass auch die Betriebe häufig für die Woche nach Ostern geschlossen sind. Zudem sind fast im gesamten April Schulferien.
Wir entscheiden uns die restliche Woche auf Kangaroo Island zu verbringen. Dies ist eine kleine Insel an der südlichen Küste von Südaustralien und hat ihren Namen von den ersten Entdeckern, welche sich dort reichlich Kängurus als Proviant schossen. Sie wird mit einer mannigfaltigen Tierwelt beworben. Wir sehen dort nur herzlich wenig davon. Viele Wege sind lediglich, wie schon so oft zuvor, mit toten Kängurus gesäumt. Wir beginnen unsere Rundreise im Osten und fahren über den nördlichen Highway in den Westen. Die Straßen werden zunehmend zu richtigen Outdoor-Strecken. Ich habe etwas Sorge um Blue Rhino und fahre schön langsam. Die Stoßdämpfer sollen schließlich nicht anfangen zu glühen. Jens mag es abenteuerlicher und gibt mehr Gas. Am zweiten Tag kommen wir zum “Flinders-Chase-Nationalpark“. Die Besucherzahlen sind hoch und die Facilities entsprechend ausgebaut. Hier können wir erstmals einige Tiere, wie Wallabies, Kängurus oder Koalas sehen. Alle jedoch sehr zutraulich und an den Menschen gewöhnt. Wir fahren weiter auf dem südlichen Highway in Richtung Osten und kommen an einem Seehund-Strand vorbei, wo es entsprechend viele dieser Tiere zu sehen gibt. Nach vier Tagen geht es zurück nach Adelaide. Wir haben einen Job gefunden und können eine Woche auf einer Messe im “Convention Center” der Stadt arbeiten. Es findet der 38. Zahnmedizinkongress statt und helfende Hände werden dringend benötigt. Parallel schaffen wir den Transporter zur Werkstatt. Wir teilen den Technikern mit, was wir untersucht und getestet haben möchten. Sie machen einen ganz guten Eindruck auf uns und wir hoffen erneut auf das Beste.
Die Woche vergeht wie im Flug. Der Job ist beendet und wir schauen uns noch etwas Port Adelaide an. Eigentlich eine ganz Nette Ecke. Etwas verrucht, aber noch mit zahlreichen historischen und runtergekommenen Gebäuden, teilweise leerstehend. Es gibt kleine Cafés, Antiquitäten- bzw. Ramschläden, Sportanlagen und das Wasser ist nicht weit. Lediglich die Verkehrsanbindung ist gelegentlich fürchterlich. So müssen wir beispielsweise am Sonntagmorgen, dem letzten Arbeitstag auf der Messe, ein Taxi in die Stadt nehmen, da die ersten Metrobahnen und Busse erst gegen 07:30 Uhr losfahren. Und das in einer Metropole wie Adelaide und in einem Land, in welchem die Geschäfte jeden Tag geöffnet haben !
Während ich noch auf Neuigkeiten aus der Werkstatt warte, macht sich Jens auf den Weg gen Westen. Sein Flieger nach Deutschland geht gegen Mitte Mai von Perth. Die Tour war zwar nur Verhältnismäßig kurz und wenig erfolgreich, dafür aber trotzdem mit schönen Momenten bestückt.

